Freitag, 10. Dezember 2010

Auf der Carretera Austral – Kilometer 9386 bis 10497

Die 1240 km lange Carretera Austral gehört gemäss Reiseführer zu den “ultimativen Fernstrassen der Welt”. Sie führt auch heute noch durch unglaublich schöne Landschaften, hat aber einiges an ihrer Originalität eingebüsst!

Am Chilenischen Grenzübergang Chile Chico am Lago Buenos Aires/ Lago General Carrera werden wir das erste mal gnadenlos gefilzt. Da wir angegeben haben, Lebensmittel mitzuführen, wird an dieser Grenzstation das Auto komplett durchsucht. Während eine Angestellte der Zolldirektion die Schränke und Schubladen im Innern des Fahrzeugs durchsucht, begibt sich ihr Kollege aufs Dach des Landys. Nach etwa einer Stunde werden ein kleiner Rest Koriander, 800 Gramm Linsen und eine kleine Menge an gemischten Körnern konfisziert. Das Pfefferspray wird genauestens untersucht, zur Kontrolle mit ins Zollbüro genommen und schliesslich nicht als Waffe deklariert. Da auch unter den Sitzen, zwischen Bord- und Zusatzbatterie, in den Metallboxen auf dem Dach sowie in den Taschen der Sitzbezüge keine Drogen oder weitere nicht deklarierte Waren gefunden werden, dürfen wir unsere Fahrt auf der  Carretera Austral weiterführen. Am Lago General Carrera übernachten wir zuvor aber eine Nacht auf einem schönen Campingplatz in der Bahia Jara direkt am Wasser. Es gibt viele Bäume, die uns vor dem sehr starken Wind schützen, sowie kleine Pavillons mit Tischen, Bänken und Grilleinheiten. Leider sind die Sanitärräume in so dreckigem Zustand, dass wir diese nicht benutzen.

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Die ersten Kilometer der Carretera Austral, die wir befahren, sind noch immer Schotterpiste und führen durch uralte Südbuchen-Wälder entlang von steilen Berghängen. Oft wundern wir uns, dass hier überhaupt eine Strasse errichtet werden konnte. Überall ist üppige Vegetation zu beobachten. Wir sehen in voller Blüte stehende Fuchsienbüsche, gelbe, weisse und violett farbene Lubinen, meterhohe Bambusbüsche, Riesenfarn und grosse grüne Blätter mit einzelnen brombeerfarbenen Blüten der Nalca-Pflanze, die auch als Mammutblatt oder Riesenrhabarber bezeichnet wird.

Bei Puerto Tranquilo finden wir den hübschen und sehr gepflegten Campingplatz Pudú, wo wir die See- und Bergkulisse, sowie die saubere und heisse Dusche geniessen.

Auf dem weiteren Verlauf der Carretera Austral wechseln türkisblaue Flüsse mit tiefgrünen Lagunen, Schotterpiste mit Asphalt und tiefste Wildnis mit Weideland von Schaf- und Rinderherden. Leider nehmen die asphaltierten Strassenabschnitte und stark bewohnten Landstriche zu, so dass man kaum mehr Chancen hat, die unberührte Natur zu erleben. Weidezäune und Gatter trennen uns immer wieder von den schönsten Kulissen. So bleibt uns oft nichts anderes übrig, als durch die eindruckvollsten Gegenden einfach hindurch zu fahren ohne einen einzigen Stopp. Auch die Suche nach dem idealen Schlafplatz gestaltet sich sehr schwierig!

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Im Nationalpark Queulat nahe des Pazifik finden wir eine schöne abgelegene Stelle zum Verweilen und Übernachten am Fluss. Bevor wir unser Zelt aufschlagen, werden die ersten Angelversuche auf dieser Reise unternommen. Doch trotz der sehr guten Ausstattung, geben wir nach ein paar Stunden auf, da bei den kühlen Temperaturen sämtliche Gliedmassen abzusterben drohen.

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Die artenreiche Natur benötigt natürlich ein existenzförderndes Klima: wir befinden uns in der Zone des “kalten Regenwaldes“. Dieser ist einzigartig in der Welt und unglaublich interessant zu durchfahren und zu betrachten. Aber nach drei vollen Tagen und Nächten durchgehender Landregenfälle, bleibt uns nicht viel Zeit und Lust für eine intensivere Entdeckung dieser Region ausserhalb unseres Reisemobils. Der Ausflug zum südlichen Teil des Parque Pumalin Sektor Amarillo führt uns zur nahe gelegenen natürlichen Therme. In einem Aussenpool gefüllt mit heissem Wasser, das hier aus dem Untergrund hervorsprudelt, können wir uns noch zwei Stunden aufwärmen, bevor das Bad um 20 Uhr schliesst. Der einige Kilometer entfernt gelegene Parque Pumalin, ein Naturreservat, das der US-amerikanische Unternehmer Douglas Tompkins gekauft, geschützt und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt hat, wird von vielen Reisenden beschrieben und gelobt. Also statten auch wir ihm einen Besuch ab und schlagen unser Zelt auf dem grösseren freien Campingplatz auf. Am Morgen werden wir von zwei Rangern geweckt. Freundlich weisen uns die beiden darauf hin, dass der Park offiziell erst wieder Mitte Dezember eröffnet wird. Zu Lesen ist dies leider nur im Internet, nicht aber auf den Hinweistafeln vor dem Park, weshalb wir uns entschuldigen und unsere Weiterfahrt nach Chaiten antreten.

Chaiten, in den Reiseführern noch immer als Geisterstadt bezeichnet, hat 2008 einen starken Vulkanausbruch erleben müssen. Der Ort wurde evakuiert, aber so langsam kehren viele der einstigen Bewohner zurück. An den Strassenrändern können wir immer noch Aschehaufen erkennen, die bei den Aufräumarbeiten von Strassen und Grundstücken gefegt wurden. In einem Cafe am Ortsrand, das gleichzeitig Hotel, Restaurant und Unternehmensbüro zu sein scheint, trinken wir einen Kaffee und bewundern die improvisierende Besitzerin des Cafes: die Wünsche der Kundschaft werden im Nu erfüllt, auch wenn man hierfür nochmal kurz im Laden um die Ecke Nachschub kaufen muss!

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